"Die Botschaft des Herzens achtsam wahrzunehmen, bedeutet ein
Leben in Erfüllung. Um die Botschaft zu hören und zu verstehen, braucht es Einkehr und Stille. Dann werden sich
unsere Aufgaben mühelos umsetzen lassen. Alles geschieht wie von
selbst, wenn wir die Führung unseres Lebens unserem Herzen
übergeben."
Ihr Kurt Tepperwein
Die Praxis der
Meditation
Nach innen gehen und wahrnehmen, was ist
Kurt
Tepperwein wurde 1932 in Lobenstein geboren. Er war erfolgreicher Unternehmer und langjähriger
Unternehmensberater. 1973 zog sich Kurt Tepperwein vom Wirtschaftsleben zurück und wurde Heilpraktiker. Kurt
Tepperwein absolvierte vielfältige Ausbildungen
Was ist Meditation? Was bedeutet es, innezuhalten?
Meditation ist keine Handlung, kein Akt, sondern
ein Bewusstseinszustand. Eine bewusste Haltung, aus der heraus Leben geschieht. Solange jemand glaubt, dass ER
meditiert, ist er vom Ganzen getrennt. Die wahre Meditation ist Einheit. In dieser Stille geht es nicht darum,
Gedanken abzuschalten oder Geräusche zu vertreiben, sondern sich voll und ganz auf sein Selbst zu konzentrieren.
Die ganze Aufmerksamkeit wird nach innen gelenkt, bis sie sich ausweitet und alles umschließt. Manchmal hört man
jemanden sagen: „Ich habe über mein Problem meditiert.“ Erstens gehören uns Probleme nicht, sondern gehen von
unserem Ich aus. Zweitens geht es nicht um Lösungen, sondern um Hingabe. Der Betreffende bringt mit seiner
Aussage zum Ausdruck, dass er mit einer Lösungsabsicht meditiert hat. Ein Für und Wider einer Sache abzuwiegen,
kann nicht mit Meditation gleichgesetzt werden. Dazu kann ich auch nachdenken. In „Ich habe über mein Problem
meditiert“ verbirgt sich eine Erwartungshaltung, durch die man zu einem Ergebnis kommen möchte. Dies Meditation
zu nennen, ist etwas irreführend, da Meditation an sich keinen konkreten Gegenstand oder abstrakten Begriff zum
Inhalt haben kann. Die Betrachtung und Verinnerlichung einer Sache nennen wir Kontemplation. Meditation jedoch
ist eine vollkommene körperliche und geistige Entspannung, die uns unser wahres inneres Wesen
offenbart.
Nun versuchen viele Menschen, Gedanken und
Gefühle loszuwerden. Das ist genauso wenig möglich, wie sein Ich loszuwerden. Gedanken und Gefühle sind mit dem
Ich verbunden, und wenn ein Ich meditiert, werden auch Gedanken und Gefühle gegenwärtig sein. Sie loszuwerden,
ist also keine gute Herangehensweise, wenn man innerlich still werden will. Wer in der Meditation losgelöst
Gedanken und Gefühle einfach nur beobachtet, ist auf einem guten Weg, sich selbst zu begegnen. In der Stille
hört das innere Ohr und das innere Auge sieht frei von Sinnesaktivitäten. So ist alles, was uns umgibt, ohne
dass wir unsere Aufmerksamkeit darauf lenken, gegen- wärtig, ganz gleich, was es ist. Wir unterscheiden nicht
mehr zwischen außen und innen. Das, was uns umgibt, und das, womit das Ich verbunden ist, ist von gleichem
Stellenwert. Alles darf anwesend sein, weil niemand mehr da ist, der sich an etwas stört. Das Ich muss also
nicht ausgeblendet, sondern nur ruhiggestellt werden. Wird das Ich ruhig, tritt das Selbst hervor. Dies ist kein
willentlicher Akt, sondern ein ganz natürliches Verweilen in sich selbst. Es ist die Rückkehr zu seinem inneren
Selbst und geschieht mit Hingabe und Freude. Eine Distanzierung, die mit einem Stück Freiheit gleichzusetzen
ist, Balsam für die Seele. Die Seele ist Freiheit. In der herkömmlichen Meditation verweilt man für eine
bestimmte Zeit in ruhiger Stellung und ist darum bemüht, frei von Eindrücken und Aktivitäten zu bleiben. Man
empfindet die Meditation als etwas Befreiendes und Wohltuendes. Kehrt man in den Alltag zurück, kehren
Anspannung und Hektik zurück. Wahre Meditation erkennt man daran, dass sie immer stattfindet und dass es keine
Unterschiede mehr zwischen guten und schlechten Situationen gibt. Es kann nach wie vor Stress und Kummer
aufkommen, doch begegnet man dem mit Gelassenheit. Somit dehnt sich wahre Meditation aufs ganze Leben aus und
kann 24 Stunden lang praktiziert werden, wobei der Praktizierende nicht bewusst involviert ist. Doch ist
herkömmliche Meditation besser als gar keine. Jeder beginnt mit der herkömmlichen Meditation, die zum
Tagesbeginn, zum Tagesausklang oder zwischendurch ausgeübt wird. Erst wenn wir eine Zeit lang Meditation
praktiziert haben, können wir uns vom Praktizierenden und vom Praktizieren lösen. Immer mehr wird diese innere
Stille zu einem natürlichen Prozess, den wir nicht mehr missen wollen. Dann dehnen wir diese meditative Haltung
auf das gesamte Leben aus und integrieren sie, bis wir uns als diese erfahren. Mit ein wenig Disziplin und
Ausdauer werden wir zu dieser Haltung, sodass wir das Leben nicht mehr als Kampf ansehen, sondern als große
Bühne, die wir nicht als Schauspieler, sondern als Zuschauer betrachten. So können wir alles, was geschieht,
mühelos auf uns wirken lassen, ohne von äußeren oder inneren Einflüssen gestört zu werden. All das, was uns bis
dato belastet hat, wird nicht mehr als Belastung empfunden, sondern als Erfahrung, die sich ergibt. Das Leben
darf so sein, wie es ist und nichts kann uns aus der Bahn werfen. Wir leben in der Mitte der Meditation als
Zentrum von Gleichmut und beobachten interessiert und gelassen, was uns das Spiel des Lebens zu bieten
hat.
Warum überhaupt meditieren? Weshalb ist
Loslösung so wichtig?
Durch das materielle Streben und die immer größer werdenden Umweltreize fehlt bei den meisten
Menschen der Gegenpol, nämlich ein Ruhepol. Ein Anker, auf den wir uns stützen können. Etwas, worauf wir uns
ausruhen können. Ein Rückzugsort, der nicht in der Welt, sondern in uns beheimatet ist. Unruhe, Ängste und
Sorgen sind zwar immer noch da, wenn wir still werden, doch ist es das Ziel, sich nicht mehr beeindrucken und
verunsichern zu lassen. Wir können auch schlechte Erfahrungen als etwas erleben, wovon wir uns nicht mehr
persönlich betroffen fühlen. Dass wir uns von Sorgen und Ängsten mitreißen lassen, ist dem Mangel an
Selbsterfahrung zuzuschreiben. Das Ich wird mitgerissen, das Selbst ruht in sich. Meditation ist der Weg vom Ich
zum Selbst. Meditation ist ein Weg, uns wieder als Geist zu erfahren. So wie die Gründe, warum jemand eine
Meditationstechnik erlernen möchte, verschieden sind, so sind auch die Auswirkungen der Meditation sehr
verschieden. Techniken helfen uns dabei, ruhiger zu werden und uns mit uns selbst auseinanderzusetzen. Das
Selbst braucht keine Technik, nur Loslösung pur. Doch Techniken sind die ersten Schritte auf dem Weg zu uns
selbst. Hinterfragen Sie, aus welchem Grund Sie meditieren möchten. Vielleicht aus einem physiologischen, einem
psychologischen oder einem religiösen Grund? Nach einem langen und arbeitsreichen Tag tut es Körper und Geist
gut, für eine gewisse Zeit abzuschalten. So baut er Spannungen ab, welche sich während des Tages im Körper
angestaut haben. Durch die tiefgehende Entspannung fühlt man sich nach einer etwa 20-minütigen Meditation
erfrischt und erholt. Alle Muskelpartien werden gelockert und man schöpft neue Kraft! Dies ist ein wunderbares
Werkzeug, um loszulassen. Die Meditation aus physiologischen Gründen ist für Menschen hilfreich, die unter Druck
stehen, gestresst sind und den Körper als angespannt, müde und schwer empfinden. Meditation aus psychologischen
Gründen ist ebenfalls sehr empfehlenswert. Während der Entspannung beruhigt sich das Nachdenken und der Verstand
kann sich allmählich vom Alltagsgeschehen lösen. Durch diese regelmäßige Loslösung von Problemen, aber auch von
den eigenen Emotionen und Gefühlsstauungen, kommt der Meditierende nach und nach zu einer geistigen
Grundhaltung, in der er sich weniger mit seinen Gefühlen, seinen Trieben und Neigungen identifiziert. Er
empfindet zwar so wie früher, aber seine Triebe haben keine Macht mehr über ihn, er gelangt zur emotionalen
Unabhängigkeit von der materiellen Welt. Er lässt sich von seinen Gedanken nicht mehr so stark irritieren.
Meditation aus religiösen Gründen baut auf ein starkes Fundament. Sie stärkt das Grundvertrauen, gibt ein Gefühl
der Geborgenheit und schwächt das Gefühl ab, alleine zu sein. Geborgenheit breitet sich aus und man fühlt sich
verbunden. Etwas Unsichtbares gibt Kraft und Stärke und wird zum Lebensanker. Oft wird dieser als Oase der
Zuflucht empfunden, die dem Menschen Kraft, Mut und Vertrauen verleiht. So wird auch der Körper gestärkt und die
Überzeugung wächst, dass man einen Platz in der Welt und eine Aufgabe hat. Man weiß, dass alles, was geschieht,
nur zum eigenen Besten ist, auch wenn man nicht weiß warum. Doch dies ist nebensächlich. Wichtig ist, dass das
Grundvertrauen gestärkt wird und man nach und nach die Gewissheit erlangt, dass jede Situation einen Nutzen hat.
Diese drei gängigsten Gründe für Meditation sollten nicht als Weltflucht verstanden werden. Sie sind in jedem
Fall eine Unterstützung. Es gibt natürlich noch weitere Gründe für Meditation. Jeder Mensch hat seine eigene
Richtung und sollte immer nur das für ihn Passende praktizieren. Was bei einem Wunder wirkt, muss für jemand
anderen noch lange nicht stimmen. Der Meditierende wird bei allen Methoden nach und nach ruhiger. Es ist auch
der Sinn und Zweck einer Technik, sich zu zentrieren und sich gefühlsmäßig nicht mehr zu Reaktionen hinreißen zu
lassen. Der Meditierende lässt sich nicht mehr in Situationen hineinziehen und er wird gefestigt. Gleichzeitig
wird er souveräner und lernt, mit seinen Widerständen duldsamer umzugehen. Durch die tägliche Meditation wird er
sich in seinem Leben nicht mehr so stark mit seinen Wünschen und materiellen Dingen identifizieren. Vielmehr
erfährt er sich als geistig unabhängiges Wesen, welches Herr ist über sein Denken und Tun. Es tritt eine
Harmonisierung aller innewohnenden Kräfte auf, und er bekommt nach und nach innere Anstöße und Impulse, welche
zu seiner Selbstverwirklichung beitragen. So erlebt er eine schrittweise Entwöhnung seiner Persönlichkeit, die
klarer und ausgeglichener wird. In herkömmlichen Meditationen erfahren wir einen Aspekt der Wirklichkeit. Die
eine Wirklichkeit wird sich offenbaren, wenn man Gründe und Absichten hinter sich lässt. Indem man das, was da
ist, nicht mehr einordnet oder beurteilt, wird es still. So können wir das einseitige Denken loslassen und das
Leben ohne den Filter des Ich erfahren. Es ist nichts mehr dazwischen geschaltet, denn alles, was erscheint, ist
absolut gleichwertig und reine Anwesenheit. Dieser Wirklichkeit öffnen wir uns, wenn wir unser eigenes Wesen
zurücknehmen und weder Gedanken noch Gefühlen Aufmerksamkeit schenken. Dann können wir auf den Klang der
Schöpfung hören und im Gleichklang, ja im Einklang leben. Trennung löst sich auf und das allumfassende Gesetz
der Einheit kann endlich wieder zum Vorschein kommen. Die wahre Meditation beschert uns große Glücksgefühle und
harmonische Seligkeit. Diese sind aber nicht mit herkömmlichen Gefühlen zu vergleichen, sondern Eigenschaften
unseres wahren Wesens. Glückseligkeit schließt Wesen und Dinge nicht aus, sondern erfährt alles als Schöpfung,
als sich selbst. Man wird eins mit der Welt und ist nicht mehr der Einzelne, sondern die Gesamtheit von allem.
Überwältigende Gefühle und Erfahrungen können auftreten oder nicht, bestimmen aber in keinem Fall den Wert von
Meditation. Meditation kann ja nicht erfolgreich sein, sondern nur essenziell. Solche Höhenflüge bergen eine
Gefahr in sich, und zwar eine Verstärkung des Ich. Man könnte sich darauf etwas einbilden oder sich gar damit
brüsten. Damit der Schuss nicht nach hinten losgeht, sollte man jegliche Form der Erfahrung für sich behalten
und als gleichwertig betrachten. Es gibt keine Unterschiede, außer die, die das Ich macht. Grundsätzlich haben
alle Erfahrungen dieselbe Qualität, solange sie niemand bewertet. Wer meditiert, um einen Zustand zu erreichen,
befindet sich auf einem Irrweg. Wer meditiert, weil er den Gefühlen nachgibt, etwas zu tun, was der Moment mit
sich bringt, liegt mit Bestimmtheit richtig.
Siehe auch: Weitere
Artikel von Kurt Tepperwein
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